603 das Kriegsrecht ein Nothrecht ist, so könneu die militarisch gerecht- fertigton Anordnungen der Kriegsgewalt nicht aus dem Grunde als ungültig angefochten werden, class sie der Verfassung oder dem Landes- recht widersprechen. Noth kennt kein Gebot. Soweit nicht die Kriegsgewalt besondere abweichende Yorschriften erlasst, hat die bürgerliche und die Strafgerichtsbarkeit des Landes ihren regelmassigen Fortgang. 'Die Einführung einer ausserordentlichen kriegsgerichtlichen Eechtspflege ist nur aus dem Grunde einer ernsten und dringenden Gefahr zulassig und ist vorher öffentlich zu verkunden. Die Einsetzung von Kriegsgerichten zur Ausiibung des Kriegsrechts ist einer der schwersten Eingriffe in die bürgerliche Freiheit und Rechts- sicherheit, weil sie eine Menge von Garantien aufhebt, welche das regel- massige Processrecht den Parteien gibt. Es kann daher nur durch die Noth gerechtfertigt werden. Aber diese Kriegsgerichte dürfen nicht nach "Willkür und nicht leidenschaftlich verfahren, sondern sind ver- pfichtet, die Fundamentalgesetze der Gerechtigkeit zu beachten. Insbe- sondere sollen sie Angeschuldigten freie Yertheidigung gestatten. Aber sie sind nicht gebunden an die strengeren Yorschriften der gewöhnlichen Processgesetze. Die Kriegsgewalt darf alles das thun, was die militarische Noth- wendigkeit erfordert und was in Uebereinstimmung ist mit dem allgemeinen Kecht. Im Grunde ist das die entscheidende Hauptregel fiir das Recht der Kriegsgewalt. Was nothwendig sei, ergibt sich nur aus den TJmstanden. So weit die Nothwendiglceit reichtso weit reicht die Kriegsgewalt. Darüber hinaus wird sie rohe "Willkür. Freilich ist es nicht immer leicht, die Grenzen in der Praxis zu bestim- men und es ist unmöglich, hier nach formellen Merkmalen zu verfahren. Wenn z. B. das Vereins- und Versammlungsrecht cler Bewohner durch die Verfassung gewahrleistet istso wird dennoch die Kriegs gewalt die freie Ausiibung desselben nicht onvoorwaardelijk dul den Icönnen. Auch die Pressfreiheit erleidet im Krieg nothwendige Beschrankung Welke waarde het opperen van grondwettige bezwaren daartegen hebben kan, is, hopen wij, thans duidelijk géworden. Zie Dr J. C. Bluntschli: „Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten als Rechtsbuch dargestellt"3e druk (1878). De cursiveeringen zijn van ons.

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Indisch Militair Tijdschrift | 1881 | | pagina 610