988 Fernverstandigung überhaupt denkbar war. Nicht einmal die Geiszel alter Heere, die Seuchen, können diesen asialischen Teufeln etwas anhaben. Sie reiten schneller als die Pest. lm Abendland beginnt mit der Einfiihrung der Feuerwaffen eine Entartung, die mit schauerlicher Notwendigkeit in die Zustande des Weltkrieges hinein- führt, die manchem alten Militar den Stoszseufzer abgerungen haben: Dies ist kein Krieg mehr! Dabei weisz man heute schon, dasz der nachste Krieg den von 1914-1918 an Furchtbarkeit ebenso übertreffen wird, wie der letzte Weltkrieg etwa den von 1870-1871. Wir zahlen in Kürze einige der Entartungserscheinungen auf, diezusammen die facies Hippocratica des Krieges ausmachen. 1. Die nervenfressende Abhangigkeit der Kriegsherren von der Arbeiterschaft. Die Arbeiter in den kriegswichtigen Industrien erhalten die höchsten Löhne, die beste Verpflegung. Zugleich aber schwebt über ihnen das Gespenst des Gestellungsbefehls, und in den Kasernen stehen Maschinengewehre und Minenwerfer bereit fiir den Fall, dasz sie je aufbegehren sollten. Bei jedem untergehenden System finden wir diesse Verbindung von Schwache und Ge- walteine Ehe, aus der nur eine Frucht kommen kanndie Revolution. 2. Das Schicksal der technischen Offensive hangt vom Wetter abFallt zur Unzeit Regen, so bleibt der ganze empfindliche Apparat buchstablich im knietiefen Schlamm stecken. Wo hatte den souveranen mongolischen Divisionen die Witterung etwas anhaben sollen? Mitten im Winter übersteigen sie ohne ernstliche Verluste den Himalaja! 3. Eben diesem überempfindlich gewordenen Apparat erwachsen zwei tödliche Schadlinge, denen auf keine Weise wirksam beizukommen istSpionage und Sabotage. Das Wort Sabotage ist überhaupt neu, ein Symbol fur die Unerhörtheit der Sache. Spionage war in früheren Kriegen eine verhaltnisinaszig harmlose Angelegenheit. Sicherlich kamen die meisten wichtigen Nachrichten entweder gar nicht order zu spat an die Stelle, die von ihnen Nutzen haben konnte. Spionage konnte man anwenden, wenn man einen Handstreich plante, aber nicht, wenn es urn die entscheidenden Ziige auf dem strategischen Schach- brett ging. Und nun denke man an die furchtbaren Wirkungen des modernen Nachrichtendienstes im WeltkriegUnd man rufe sich ins Gedachtnis zurück denn das Gedachtnis für den Krieg ist so seltsam schwach wie armlich alle Gegenmasznahmen waren, wie völlig jeden Ernstes entbehrend, das System schon in den Augen des gemeinen Mannes herabsetzend 4. Die Entscheidung des Krieges liegt gar nicht mehr bei der Front allein, sondern mehr und mehr im Hinterland. Die Front ist nur noch Drahtverhau insofern ist diese schone Erfindung sehr symbolisch. Die Frage ist, wie lange das Hinterland hungern will, wie lange es Fliegerangriffe, Fernbeschieszungen ■und dergleichen aushalt, wie lange die zerrütteten Nerven der feindlichen Propaganda standhalten. Das Verhaltnis wird im nachsten Krieg noch weit grotesker und fürchterlicher sein. Es wird ein Krieg nicht gegen Heere, sonder gegen Bevölkerungen, gegen Hauptstadte, Industriegebiete, Verkehrszentren, ein Krieg mit tonnenschweren Bomben, mit unentrinnbaren Giftgasen mit Bazillen Es lohnt nicht, in der Aufzahlung fortzufahren. Jedermann weisz das alles, obwohl jedermann heuchelt, als wisse er es nicht. Denndie Technik ist im Begriffden Krieg zu vernichten sei es, dasz sie bei Gelegenheit des nachsten Krieges die Kultur-menschheit, die die Kenntnisse und den Apparat für den technischen Krieg besitzt, überhaupt aus- rottet, oder sei es, dasz die Kulturmenschheit sich noch rechtzeitig aufzweck- maszigere Methoden besinnt, internationale Streitigkeiten zum Austrag zu bringen. Fest steht, dasz seit 1918 schon wieder eine irrsinnige Menge von Milliarden in Mordmaschinen angelegt worden ist, deren Verwalter den begreiflichen Ehrgeiz haben, ihre Zweckmaszigkeit zu beweisen. Der Erste, der Gedanken dieser Art prophetisch vorweggenommen hat, war Alfred Nobel, der Erfinder des Dynamits und mehrerer hochbrisanter und rauchschwacher Kriegspulver, die eine Umwalzung in der Feuerwaffentechnik

Tijdschriftenviewer Nederlands Militair Erfgoed

Indisch Militair Tijdschrift | 1932 | | pagina 114