ihren Füssen. Sie horchen auf. Wieder und wieder rollt dumpf
und verlöschend der Ton heran Kanonen sinds das, feuernde
Batterien von Feme, doch nicht gar zu feme, höchstens drei
Stunden weit. Ein paar Offiziere werfen sich nach Indianer-
art auf die Erde, um deutlich die Richtung zu erlauschen.
Stetig und dumpf dröhnt dieser feme Schall. Es ist die Ka-
nonade von St Jean, der Beginn von Waterloo. Grouchy halt
rat. Heiss und feurig verlangt Gerard, sein Unterbefehlshaber,
,,11 faut marcher au canon", rasch hin in die Richtung des
GeschützfeuersEin zweiter Offizier stimmt zuhin, nur
rasch hinüber Es ist für sie alle zweifellos, dass der Kaiser
auf die Englander gestossen ist und eine schwere Schlacht
begonnen hat. Grouchy wird unsicher. An gehorchen gewöhnt,
halt er sich angstlich an das geschriebene Blatt, an den Be-
fehl des Kaisers, die Preussen auf ihrem Rückzug zu verfol-
gen. Gerard wird heftig als er sein zögern sieht, „Marchez
au canon!" Wie ein Befehl klingt die Forderung des Unter-
kommandanten vor zwanzig Offizieren und Zivilisten, nicht
wie ein Bitte. Das verstimmt Grouchy. Er erklart harter und
strenger, nicht abweichen zu dürfen von seiner Pflicht, solange
keine Gegenordre vom Kaiser eintreffe. Die Offiziere sind ent-
tauscht, und die Kanonen poltern in ein böses Schweigen.
Da versucht Gerard sein Letztes er bittet flehentlich we-
nigstens mit seiner Division und etwas Kavallerie hinüber
auf das Schlachtfeld zu dürfen, und verplichtet sich, recht-
zeitig zur Stelle zu sein. Grouchy überlegt. Er überlegt eine
Sekunde lang.
Eine Sekunde überlegt Grouchy, und diese eine Sekunde
formt sein eigenes Schicksal, das Napoleons und das der Welt.
Sie entscheidet, diese Sekunde im Bauernhaus von Walhaim,
über das ganze neunzehnte Jahrhundert, und sie hangt an
den Lippen eines recht braven, recht banalen Menschen, sie
liegt flach und offen in den Handen, die nervös die verhang-
nisvolle Ordre des Kaisers zwischen den Fingern knittern.
Könnte Grouchy jetzt Mut fassen, kühn sein, ungehorsam der
Ordre aus Glauben an sich und das sichtliche Zeichen, so
ware Frankreich gerettet. Aber der subalterne Mensch ge-
hor cht immer dem Vorgeschriebenen und nie dem Anruf des
S chicksals.
So winkt Grouchy energisch ab. Nein, das ware unverant-
wörtlich, ein so kleines Korps noch einmal teilen. Seine Auf-
gabe gebietet, die Preussen zu verfolgen, nichts als dies. Und
er weigert sich, gegen den Befehl des Kaisers zu handeln.
Die Offiziere schweigen verdrossen. Es entsteht eine Stille
um ihn. Und in ihr entschwebt unwiderruflich, was Worte
und Taten dann nie mehr fassen können die entscheidende
Sekunde. Wellington hat gesiegt.
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