RESÜMEE
die 'staatsche' armee
TEIL VIII 1702-171
BAND II BUCH V
Der Feldzug vom Jahre 1706
Das Jahr 1706 bedeutet einen Wendepunkt im Krieg. Künftighin ist das
Übergewicht entschieden auf der Seite der Alliierten und kostet es Frankreich
immer mehr Mühe den Krieg im Gang zu erhalten. Am 23. Mai erringt Marl
borough den glorreichen Sieg bei Ramillies. Er hat den Verlust des grössten
Teiles der Südlichen Niederlande zur Folge. Eine neue Regierung wird hier ge-
gründet, in der die Republik und Engeland die beschliessende Stimme haben.
Der grösste Teil der Stadte unterwirft sich widerstandslos. Nachdem sich die
französische Armee unter Villeroy bis hinter der französischen Grenze zurück-
gezogen hat, setzen die Alliierten den Feldzug fort mit vier Belagerungen, die
ihnen nacheinander die Festungen Ostende, Menin, Dendermonde und Ath
in die Hande bringen.
Eine zweite Katastrophe traf die Franzosen in Italien, wo Eugenius von
Savoyen Orleans and Marsin bei Turin schlug. Nicht nur war hierdurch die
eingeschlossene Elauptstadt von Piemont entsetzt, es ging jedoch ganz Nord-
italien dadurch für Ludwig den xiv. verloren, dass die geschlagene Armee über
die Alpen zurückging. Die Tatsache, dass zwei Tage nach der Schlacht bei
Turin der französische General Medavi eine alliierte Hilfsarmee unter dem Erb-
prinzen von Hessen-Kassei bei Castiglione delle Stivere schlug, konnte den
Verlauf der Dinge nicht andem. Am 13. Marz 1707 schlossen Josef der 1. und
Ludwig der xiv. eine Konvention, bei der die Franzosen die noch in Nord-
italiën besetzten Festungen preisgaben gegen freien Abzug. Künftighin besassen
sie in Italien nur noch einige Hafenstadte an der Küste von Toskana.
Auch auf der Iberischen Halbinsel verlief der Kampf für die Alliierten im
Anfang vorteilhaft. Am 12. Mai entsetzte die alliierte Flotte das von Tessé
belagerte Barcelona; mit schweren Verlusten und unter Zurücklassung des
ganzen Belagerungstrosses zogen die Franzosen über die Pyrenaen zurück.
Saragossa und ganz Aragonien steilten sich auf die Seite des habsburgischen
Thronanwarters. Von Portugal aus marschierten die portugiesisch-englisch-
niederlandischen Truppen nach der Eroberung von Alcantara und Ciudad
Rodrigo nach Madrid auf und besetzten die Stadt am 23. Juni. Die übergrosse
Mehrheit des spanischen Volkes ergriff jedoch die Partei Philips des v. Dadurch,
dass Karl der m. zulange zögerte und jeder Kontakt mit den alliierten Streit-
krafte in Aragon und Valencia fehlte, wahrend Philips dem v. dauernd Ver-
starkungen zugeführt wurden, wurde eine Wendung zugunsten des letzteren
verursacht. Als sich schliesslich am 6. August ein schwaches Hilfskorps unter
Karl dem m. bei Guadalajara anschloss, war Madrid schon wieder verloren-
gegangen und waren die von Berwick angeführten französisch-spanischen Trup
pen übermachtig.
Im Anfang September war der Zustand für die Alliierten, die auf allen Seiten
von einer feindlichen Bevölkerung umgeben waren, dermassen kritisch ge-
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