85 TEIL 4, EINZELTEIL E WEST- UND NORDFRONT FESTUNG HOLLAND (DARIN AUFGENOMMEN DIE EREIGNISSE IN AMSTERDAM) RESÜMEE Der Küstenstreifen zwischen der Stellung von Den Helder (in der Nahe von Callantsoog) und dem Seegatt von Brielle x) bildete im Jahre 1940 die Westfront der Festung Holland. Die Besatzung bestand ausser der Hafen IJmuiden, Scheveningen und Hoek van Holland nur aus sehr schwachen Bewachungstruppen. Bei einem drohenden Angriff sollte die Verteidigung durch- geführt werden mit diesem Gebiete zuzuführenden Truppen, an erster Stelle das I (NL) Armee korps, das als allgemeine Reserve zwischen dem Noordzeekanaal und dem Nieuwe Waterweg stationiert war. Die bedeutendsten Hafenmündungen IJmuiden und Hoek van Holland wurden verteidigt durch Infanterie, Küstenartillerie und Marinestreitkrafte, jeder Hafen unter dem Befehl eines Stabs- offiziers der Kgl.Marine. Scheveningen wurde verteidigt durch ein verstarktes Infanteriebataillon, dem Pionierabteilungen für das Versperren der Hafenmündungen und das Durchführen von Zerstörungen der Hafen- anlagen zugeteilt waren. Im Gebiete der Westfront befanden sich zahlreiche Stabe und Truppen, die nicht zu der eigent- lichen Besatzung gehörten. Zu denen konnte man an erster Stelle rechnen, die Hauptquartiere des Oberbefehlshabers der Land- und Seestreitkrafte und des Kommandeurs der Festung Holland, sowie das I (NL) Armeekorps. In und hinter dem Gebiete der Westfront zwischen dem Oude Rijn und dem Nieuwe Waterweg spielte sich der Kampf ab gegen die am 10. Mai ringsherum Den Haag gelandete deutsche 22 Luftlandedivision. Dieser Kampf ist ausführlich beschrieben worden in den Büchern „Allgemeine Uebersicht" und „Der Kampf gegen die Luftlandetruppen rundum Den Haag" (Einzelteil A und D des 4. Teils), weshalb bei der Beschreibung der Westfront darüber nur mitgeteilt ist, welche Rolle die Truppen der Westfront dabei gespielt haben. Von Scheveningen flogen am 10. Mai zwei niederlandische Minister mit Marineflugzeugen nach England um sich mit der Britischen Regierung zu beraten und am 14. Mai fuhr der Befehlshaber der Seestreitkrafte ab mit einem Fischerboot, mit dem auch die französische militarische Mission, die in den Morgenstunden in IJmuiden angekommen war, wieder nach Duinkerken abfuhr. Zahlreiche britische Kriegsschiffe liefen IJmuiden und Hoek van Holland an, auch französische Zerstörer liefen IJmuiden an. In beiden Hafen wurden britische Zerstörungsabteilungen gelandet, mit Auftrag die Oelvorrate bzw. in Amsterdam und in der Nahe von Rotterdam zu vernichten und die Hafenanlagen zu zerstören. Deutsche Flugzeuge warfen Magnetminen in die Hafen und den Nieuwe Waterweg, wahrend auch Bombenangriffe durchgeführt wurden. In IJmuiden verursachten diese Opfer auf dem britischen Zerstörer H.Ms. Whitshed, mit dem die Zerstörungsabteilung transportiert war, wahrend der Kommandeur der britischen Zerstörungsabteilung in Hoek van Holland, Commander J. A. G. Hill einer Magnetmine zum Opfer fiel. Ein Teil dieser Zerstörungs abteilung war mit einem Lotsenboot nach Rotterdam transportiert unter dem Befehl eines nieder- landischen Marineoffiziers. Weil jedoch noch keine Zustimmung gegeben war zum vernichten der Oelvorrate, war diese Abteilung behilflich bei der Beladung des Lotsenbootes mit Gold aus der Nederlandsche Bank. Wegen der Minengefahr kehrte die Abteilung mit dem Zug nach Hoek van Holland zurück, der Kommandeur begab sich jedoch an Bord des Lotsenbootes. Auf der Höhe von Vlaardingen lief dieses Boot auf eine Magnetmine und unter den Opfern befand sich sowohl der britische als der niederlandische Kommandeur. Von IJmuiden aus fuhren die für Brüssel, London und Paris bestimmten Militarmissionen ab, letztere zwei mit einem britischen Kriegsschiff. Am 12. Mai fuhr die Kronprinzliche Familie, gleichfalls mit einem britischen Kriegsschiff nach England. Am 14. Mai kam eine französische Militarsmission mit einem französischen Kriegsschiff an, nachdem sie in den vorangehenden Tagen vergeblich versucht hatte, Den Haag über Land zu erreichen. Es ist gelungen, wahrend der Kriegstage ein Kriegsschiff, das fertiggebaut wurde, einige mit Material für den Fertigbau beladenen Schiffe, fast die ganze Handelsflotte aus Amsterdam und der grösste Teil der IJmuidensche Fischerflotte nach England ausfahren zu lassen. Damit und mit britischen Kriegsschiffen hat man zahlreiche Flüchtlinge, namentlich jüdische und ausserdem etwa tausend deutsche Kriegsgefangenen nach England übergefahren. Dieser Seegatt ist jetzt abgedammt.

Tijdschriftenviewer Nederlands Militair Erfgoed

NIMH | 1961 | | pagina 101