86 Schliesslich hat die britische Zerstörungsabteilung die Oelvorrate in Amsterdam angezündet, hat man zusammen mit Personal der Kriegsmarine in IJmuiden die Hafenanlagen zerstört, die Bewegungseinrichtungen der Schleusen unbrauchbar gemacht und den Hafen gesperrt, indem am Eingang zwei Handelsschiffe versenkt sind. Ein Teil des Personals und des Materials der Marine hat man nach England überbringen können. In Hoek van Holland sind ausser der bereits genannten Zerstörungsabteilung, am 12. Mei eine 200 Mann starke britische Marinesoldatenabteilung und am 13. Mei ein Irish Guard-Bataillon an- gekommen, wahrend die Absicht, noch ein Bataillon hierher zu bringen mit Rücksicht auf die Ver- schlimmerung der Lage nicht mehr ausgeführt werden konnte. Am 13. Mai fuhren aus Hoek van Holland nacheinander Ihre Majestat die Königin und die nieder- landische Minister mit britischen Kriegsschiffen nach England; zahlreiche offizielle Personen und Flüchtlinge haben das Land von diesem Hafen aus verlassen. Die Besatzung von Hoek van Holland wurde aktiv mit in den Kampf hineingezogen, weil am 10. Mai Fallschirmjager und Flugzeuge mit kleine deutschen Kampfgruppen 4-5 km östlich von Hoek van Holland und auf der Insel Rozenburg landeten. Durch offensives Vorgehen gelang es diese schliesslich zu vertreiben oder gefangen zu nehmen. Nachdem am 10. Mai in den Morgenstunden ein Zerstörer von Hoek van Holland nach Rotter dam geschickt worden war, der dort an dem Kampf teilgenommen hatte und ohne Schaden nach Hoek van Holland zurückgekehrt war, erhielt nachmittags ein zweiter Zerstörer den Auftrag, den Waterweg hinaufzufahren. Dieses Schiff wurde jedoch bei Vlaardingen von deutschen Flugzeugen angegriffen und so schwer beschadigt, dass man es auf den Grund fahren musste. Inzwischen hatte man zwei Kriegsschiffe aus Vlissingen nach Hoek van Holland geschicktmit Rücksicht auf dem Schicksal des obengenannten Schiffes wurde jedoch der Auftrag, nach Rotterdam weiter zu fahren, widerrufen. Ein niederlandisches Schiff, das mit Truppen unterwegs war von Vlissingen nach IJmuiden wurde vorder Mündung des Nieuwe Waterweg durch Flugzeuge angegriffen und so schwer beschadigt, dasz die Truppen mit anderen Schiffen von Bord geholt werden mussten und das Schiff auf den Strand gesetzt werden musste. Im Gegensatz zu Amsterdam hat man in Rotterdam die Handelsschiffe, sowie eine Anzahl von Kriegsschiffen, die noch fertiggebaut oder repariert werden mussten, nicht abgeführt. Die Ursache war, dass Rotterdam sofort am 10. Mai mit in dem Kampf hineingezogen wurde und dass man die Minengefahr in dem Nieuwe Waterweg überschatzt hatte weil die Meldungen darüber übertrieben waren. Nur zwei neue U-Boote, die man noch nicht in Dienst gestellt hatte, entkamen nach England. Nachdem der niederlandische Oberbefehlshaber am 14. Mai seine Zustimmung gegeben hatte, sind die Oelvorrate in Pernis bei Vlaardingen von der britischen Zerstörungsabteilung und nieder- landischen Pionieren in Brand gesteckt. Die Zerstörungen, die die britische Abteilung in Hoek van Holland vorbereitet hatte, sind nicht mehr durchgeführt worden, weil eine falsche Meldung über den Aufmarsch von deutschen Panzertruppen nach Hoek van Holland in den frühen Mittagstunden vom 14. Mai Anlass dazu war, dass die britischen Truppen frühzeitig abfuhren. Als darauf der Kommandeur der Position den Auftrag erhielt, die Zerstörungen durchführen zu lassen, war die Zerstörungsabteilung schon fort. Ein Teil der anwesenden Offiziere der Kgl.Marine ist gleichfalls mit einem aus Rotterdam angekommenen Torpedomotorboot nach England abgefahren. Die Nordfront der Festung Holland lief an der Fortenlinie der alten Stellung von Amsterdam entlang von Edam über Purmerend, Krommenie nach Velsen und weiter durch die Dünen von der Position IJmuiden nach Wijk aan Zee. Diese Front war nicht für die Verteidigung vorbereitet und nicht besetzt. Als sich jedoch heraus- stellte, dass die Deutschen an der Ostküste des IJsselmeeres Vorbereitungen trafen für eine Ueber- fahrt, wurde diese Front eiligst mit Depottruppen besetzt und wurden die Unterwassersetzungen gestellt. Mit Bezug auf Amsterdam ist zu erwahnen, dass man nach dem Angriff mit Luftlandetruppen auf Den Haag und Rotterdam mit einem ahnlichen Angriff auf Amsterdam rechnen musste. Mit Rück sicht darauf wurde ein Infanterieregiment aus der Ostfront der Festung Holland nach Amsterdam verlegt und von dem Ortskommandeur am Stadtrand aufgestellt. Wahrend der Kriegstage wurde man in Amsterdam stark beeinflusst durch Gerüchte über Landungen von Fallschirmjagern, die sich bei Prüfung als falsch herausstellten, wahrend auch zahlreiche Berichte über das Vorgehen einer 5 Kolonne zu Unruhe Anlass gaben. Die Verteidigung vom Buiten IJ, also nach der Seite des IJsselmeeres, war einem Marinekomman- do anvertraut.

Tijdschriftenviewer Nederlands Militair Erfgoed

NIMH | 1961 | | pagina 102